wider das Vergessen

Der Tod von Nicolas ist für uns immer noch schwer zu begreifen. Siebzehn Jahre hat er uns Freude bereitet, einfach deshalb, weil es ihn gab. Nicolas hat unser Leben bereichert. All seine persönlichen Dinge sind noch da, aber er selbst ist nicht mehr da und wird auch nie wieder da sein. Diese Realität anzunehmen ist bei Leibe nicht einfach. Die Erinnerungen an ihn sind allgegenwärtig. Nichts und niemand kann die entstandene Lücke ausfüllen. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht an ihn denken.

Kaum jemand, der nicht in ähnlicher Weise betroffen ist, kann sich vorstellen, wie wir uns fühlen, wie sehr sein Tod unsere Welt verändert hat. Nichts ist mehr so, wie es einmal war. Wir leiden und trauern. Es heißt, Leid sei ein Ort, den niemand wirklich kennt, solange er nicht dort war. Man sagt, die Trauer sei eine schrose-1273723merzliche Erfahrung, die alles in Frage stellt und das Leben für ein sehr lange Zeit verdunkeln wird. Das Abschiednehmen ist ein langwieriger und schmerzvoller Prozeß.

Die zahlreichen Beileidsbekundungen nach Nicolas‘ Tod waren ein Zeichen des Respekts vor uns Hinterbliebenen. Die Anteilnahme half und tat gut, echten Trost gab sie in dieser Zeit natürlich keinen.

In der Trauerliteratur heißt es übereinstimmend, es gibt kein Patentrezept für Trauernde. Jeder muß seinen eigenen Weg finden. Es geht auch nicht um Trauerbewältigung (man wird die Trauer nicht bewältigen), sondern darum, mit der Trauer leben zu lernen. Während der Trauernde schlichtweg ums Überleben kämpft (das Leben erscheint mehr eine Zumutung, als ein Geschenk), fehlt der anhaltende Zuspruch. Mit der Beisetzung scheint die Anteilnahme aufzuhören. Trauerbegleitung findet nicht statt. Ausnahmen gibt es leider zu wenige. Man fühlt sich alleingelassen.

So sehr würde man sich irgendeine mitfühlende Geste, eine kurze Nachricht, einen Anruf, einen Brief, eine Karte, eine stille Umarmung oder einen Besuch wünschen.

Manche Freunde oder Bekannte stellten nach Nicolas Todesnachricht in Aussicht, sich zu melden. Auf viele dieser Kpexels-photo-54300ontaktaufnahmen warten wir noch immer. Manche Freunde hatten selbst beim persönlichen Aufeinandertreffen nicht einmal den Mut, ihr Beileid auszusprechen

Es heißt, wer um eine geliebte Person trauert, hofft auf Worte und Gesten, die von Herzen kommen. Trauernde brauchen Menschen, die an ihrem Schicksal teilnehmen, die immer wieder ein Zeichen Ihrer Nähe geben und sie in dieser schweren Zeit nicht alleine lassen. Trauernde brauchen eine ausgestreckte Hand, eine offene Türe. Trauernden hilft es, wenn sie Menschen finden, die Ihnen nicht aus dem Weg gehen, sondern sie ein Stück auf Ihrem Weg begleiten.

Es heißt aber auch, es ist schwer mit Trauernden zu sprechen. Selbst jene, die Anteil nehmen und irgendwie helfen möchten, wissen oft nicht, was sie Trauernden sagen sollen (dabei müssen sie gar nicht unbedingt etwas sagen. Trauernden hilft es oft schon, wenn sie spüren, daß sich Freunde, Verwandte, Kollegen und Bekannte Zeit für sie nehmen).

Trauernden überhaupt gegenüber zu treten fällt auch schwer. Gerade denjenigen, die noch keine Erfahrung mit dem Tod und der Trauer gemacht haben. Sie versuchen meist, dem Thema aus dem Weg zu gehen. Freunde, Bekannte und Kollegen fühlen sichnature-fashion-person-woman unbehaglich, verunsichert, wissen nicht, wie sie sich Trauernden gegenüber verhalten sollen. Aus Angst, etwas falsch zu machen, tun oder sagen sie oft einfach gar nichts. Man will die Trauernden nicht belasten und in Ruhe lassen. Gerade aber in dieser schwierigen Zeit brauchen Trauernde Kontakt, das Gespräch, den Besuch, den Austausch mit Freunden und Bekannten. Dieses Totschweigen ist für den Betroffenen furchtbar.

Seinen Freunden, Bekannten oder Kollegen darf an dieser Stelle aber kein Vorwurf gemacht werden. Wer trauert, nimmt oft nur den eigenen Schmerz wahr und kann sich kaum vorstellen, daß andere nach dem Tod einer Ihnen nahestehenden Person ebenso leidet. Die Trauer ist einfach zu groß und verstellt den Blick auf das Leid, das auch andere tragen. Bestimmt trauert die Mehrheit auch mit uns und denkt an uns, aber eben für sich selbst und ohne, daß wir Trauernde es mitbekommen.

Der Umstand des Zurückziehens oder Zurückhaltens von Freunden und Bekannten nährt mehr und mehr die Annahme, über den Tod des geliebten Kindes wird geschwiegen, es wird nicht darüber geredet, er ist schon Vergangenheit. Das führt dann unweigerlich zu der (natürlich falschen) Erkenntnis, der liebe Sohn wird über kurz oder lang vergessen. Uns Eltern läßt dieses Gefühl noch mehr leiden und verzweifeln – der geliebte Sohn stirbt damit irgendwie ein weiteres Mal.

Wider das Vergessen: um Angehörigen, Bekannten, Freunden und Kollegen eine Möglichkeit einzuräumen, mit uns gemeinsam an Nicolas zu erinnern und ihn somit ‚lebendig‘ bleiben zu lassen, bieten wir diese Gedenkseiten als Plattform an. Jeder kann, wenn er denn sun-heart-autumn-leaf-39379möchte, eine Erinnerung preisgeben, womöglich ein Bild dazu einstellen, gute Gedanken mitteilen, einen netten Spruch formulieren, eine lustige Geschichte oder Dinge erzählen, die man im Zusammenhang mit Nicolas bisher für sich behalten hat, kommentieren, einen Eintrag im Gästebuch vornehmen oder einfach nur eine Kerze für Nicolas anzünden.

Darüber würden wir uns sehr freuen. Und ihr würdet uns auf unserem schwierigen Weg ein großes Stück begleiten.

Überacker, im November 2016

Axel, Sabine und Mariella

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